22.11.2010 |
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Erfolgreiches Scheitern einer Frau
Wo Luxus an Wahnsinn grenzt.
Womit fängt für die meisten ein Ballettabend an? Mit der Auswahl der passenden, sprich vornehmen und eleganten Garderobe. Wenn man lange nicht mehr im Theater oder in der Oper war, fragt man Verwandte und Bekannte, wie sich der gerade aktuelle Dress-Code gestaltet. Doch was tun, wenn die Entscheidung, in die Oper zu gehen, spontan ausfällt? Wenn man keine Zeit für lange Vorbereitungen hat? Wenn man noch Zeit genug hat, durchstöbert man den Kleiderschrank, in der Hoffnung, das passende Kleid zu finden. Sonst muss man noch schnell zum nächsten Geschäft hetzen. Außer es ist Sonn- oder Feiertag. Wichtig aber ist, dass man sich in der gewählten Garderobe wohl fühlt, damit man die künstlerischen Darbietungen genießen kann, statt sich völlig fehl am Platz zu fühlen.
Doch auch auf der Bühne gilt: Styling ist alles. Am 20. November strömte ein vor allem älteres Publikum in die Wiener Volksoper zur Premiere des Balletts „Marie Antoinette“, wo neben einer perfekten Tanz- und Schauspielperformance und musikalischen Darbietung vor allem die Kostüme und das Bühnenbild im Vordergrund standen. Mal waren die Kostüme bunt, sehr offen, teilweise war es schon fast zu viel an Maskerade und Witz, mal waren die Kleider eher schlicht und trüb, wenn es um dramatischere Momente ging. Die Kostüme wurden mit Unterstützung von SWAROWSKI von Doris Engl gestaltet.
Das Bühnenbild bestand aus auf drei Seiten der Bühne befindlichen Spiegeln, die kein Geheimnis zuließen und jede Kleinigkeit der Handlung und der Geschehnisse offenbarten. Dazu kamen noch zu beiden Seiten und je nach Bedarf in der Mitte der Bühne Treppen – Treppen als Gang noch oben oder als ein Zeichen des Untergangs? Zur teils traditionellen, teils modernen Choreografie wurde die Musik nicht durch ein klassisches Opernorchester gespielt, vielmehr gab es auch hier eine Mischung aus klassischen und modernen Kompositionen.
Auch wenn sich vieles aus dem Leben Marie Antoinettes aus der Bühnenhandlung ablesen lässt, so war doch eine Vorbereitung auf das politische, vor allem aber private Leben der französischen Dauphine mit österreichischen Wurzeln vonnutzen. Natürlich bot auch das Programmheft den einen oder anderen Anhaltspunkt, allerdings waren diese nach der ersten Pause vollständig ausverkauft.
Wie eine Frau aus Adelskreisen des 18. Jahrhunderts lebte und von ihrer Familie, allen voran ihrer Mutter, behandelt wurde, lässt uns über die Sitten und Bräuchen dieser Zeit staunen. Mit 14 verheiratet, mit zahlreichen Lehrstunden gequält, von der Mutter in aller Strenge aufgezogen und als Folge nach der Heirat gleich von dieser und der ihr vertrauteten Umgebung getrennt, endet ihr Leben nach einer Ehe, die laut historischen Dokumenten trotz anfänglicher Kinderlosigkeit durch Liebe und Zuneigung geprägt war, auf dem Schafott. Ein Frauenleben, das sich ebenso in unser Zeitalter übertragen lässt? Für das französische Volk war Marie Antoinette eine Verbrecherin, die auch an ihrem eigenen Leid nur selber schuld war. Doch was ist sie für uns? Eine Frau, die ihr Frausein genossen hat? Oder doch nur eine Symbolfigur ohne eigenes Leben?
(vs)
Fotos: Dimo
Dimov Volksoper Wien