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Lieber mit irgendjemandem, als ganz alleine?
15.05.2010
Was ist die größte Angst der Menschheit? Es ist die Angst, alleine zu bleiben. „Lieber mit irgendjemandem, als ganz alleine.“ Mit dieser Aussage beschäftigen sich nicht nur die Protagonisten in „My Face – Liebe mich!“, auch die Zuschauer kommen nicht daran vorbei, sich mit dieser Idee auseinander zu setzen.

Grischka Voss, Autorin und Darstellerin, präsentiert eine groteske Darstellung des Selbstzweifels, der Unsicherheit, des Unterwürfigkeitsgefühls, die mal zum Brüllen komisch, mal zum Weinen traurig ist.

Der Anstoß zum Stück entstand durch MySpace, eines der größten Online-Portale, wo abertausende von Menschen aktiv sind. Und ebenso auch Bekannte von Grischka Voss. Man schlüpft in andere Rollen, die einem mehr Erfolg beim anderen Geschlecht versprechen. So entstehen Idee wie etwa, dass ein Mann, der perfekt Italienisch spricht, ein perfekter Liebhaber ist, oder dass große Hände ein Kennzeichen für den perfekten Lover sind. „Ich kann mittlerweile schon perfekt einschätzen, welcher Mann gut im Bett ist“, sagt Miss Quick (Kristina Bangert). Und raus kommt doch nur ein One-Night-Stand. Doch ist es das, was sie sucht?





Miss Prune (Grischka Voss) ist eine alleinerziehende Mutter, die immer verzweifelter nach einem neuen Familienvater sucht. Das Kind geht schon in die Schule und die Mutter ist ein Kontrollfreak. Braucht das Kind einen „neuen“ Papa, den es auch noch „Vater“ nennen soll und mit dem es die Aufmerksamkeit der Mutter teilen muss? Und braucht die Mutter ein „zweites Kind“, das sie ebenso bemuttern wird?





Und was ist mit Miss Fig (Eva Reinold)? Sie ist eine perfekte Familienmutter, die gut kocht, das Haus in Ordnung hält und von den Männern als perfekte Kindesmutter angesehen wird. Nur hat sie keinen Kinderwunsch. Oder ist ihr Mann der Kinderersatz?





Grotesk und ironisch wird das Leben widergespiegelt, wie man es gleich um die nächste Ecke antrifft, dazu das hervorragende Spiel der Schauspieler, ein Bühnenbild aus Seilen und einer Hängematte, das die Instabilität und Abwesenheit der Echtheit des Lebens im Internet widergibt, dann der performative Tanz und die musikalischen Performances, die die Charaktere und ihre Verlogenheiten noch unterstreichen: Viele Momente sind der Entschlüsselung durch den Zuschauer überlassen, wodurch man seine eigene Weltanschauung und Ansichten nicht außen vor lassen kann.

„My Face – Liebe mich!“ zeigt keine „ideale Frauenbilder“, denn „Wir alle haben unsere Macken“, so Grischka Voss. Man kann nur hoffen, dass es trotz aller Macken auch noch Frauen gibt, die ihren eigenen Weg im Leben, anders wie die Figuren auf der Bühne, gefunden haben.

„My Face – Liebe mich!“ im Off-Theater, nur noch am 11.Mai um 19:30 im Weißen Saal.

(vs)

Fotos: klaus vhynalek




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