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Frauen am Rande des Nervenzusammenbruches
26.11.2012
Das Original des Musicals "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs" entstammt der Feder von Jeffrey Lane (Buch) & David Yazbek (Musik & Liedtexte), nach dem Film von Pedro Almodóvar. Deutsch Fassung von Kevin Schroeder. Die Original Broadway-Produktion hat am Lincoln Center Theater, New York City, 2010 seine Premiere gefeiert und wurde u. a. für drei Tony Awards nominiert. Die neu bearbeitete Version des Musicals wurde am 11.11.2012 im Schauspielhaus Graz gefeiert. Der begeisterte Beifall des zahlreich erschienenen Publikums holte die Schauspieler mehrmals auf die Bühne zurück. Die Darstellerinnen ernteten wieder einmal keine Blumen, zeigten jedoch neben den starken Stimmen auch starken Charakter. Wobei Pia Luise Händle (die die Rolle von Pepa spielte) die Euphorie des Publikums nur noch mehr steigerte, wollte der Rest der nach einer zweieinhalbstündigen Spielzeit erschöpften Schauspielertruppe nur noch weg von der Bühne.
Pepa (Pia Luise Händler), eine junge Schauspielerin, verliebt sich trotz aller gesellschaftlichen Vorwürfe in einen älteren Mann. Davon, dass dieser vor 19 Jahren seine Ehefrau und seinen Sohn zurückgelassen hat, darf sie erst erfahen, nachdem er seine spaßige und lustvolle Beziehung mit ihr lässig und bedeutungslos per Telefon bricht. Es wäre super gewesen, jetzt müsse er aber weiter und ersuche sie, seine Koffer zu packen und ihm mitzugeben. Pepa lässt sich jedoch ohne Aussprache nicht verlassen. Wenn er sie verlässt, soll er ihr dies offen und direkt mitteilen. Somit begibt sie sich auf die Suche nach ihm. Nicht um sich zu rächen, nicht um ihm nachzulaufen, sondern, weil sie von ihm Ehrlichkeit verlangt. Die Suche zeigt, dass sie einige Jahre mit einem Menschen verbracht hatte, der für sie ein Unbekannter war, der nun ein Gesicht bekommen hat.
Pepa trifft auf Noch-Ehefrau von Iván (Franz Haver Zach), Lucía (Steffi Krautz), die ebenfalls Iván nur als Phantom erlebt hat. Lucía sieht Iván als einen Macho, er erweist sich aber als ein Looser, der die Frauen für minderwertig und dumm hält. Er bildet sich dabei ein, ein wahrer Frauenkenner zu sein. Sein Geheimtipp: Frauen wollen durch Worte verführt werden. Ob diese Worte Wahrheit oder nur eine Lüge sind, ist egal, sie müssen nur packend sein.
Lucía träumte einmal von einem Vater-Mutter-Kind-Familienleben. Stattdessen wurde aus ihr eine verzweifelte depressive Hausfrau, die nun ihrem lustvollen Mann die Schuld dafür zuschreibt. Verzweifelt und verloren geht sie vor Gericht, um zu verlangen, dass ihr 20 Jahre des Lebens mit einem Phantom retourniert werden. Dafür wird sie nur ausgelacht. Jetzt findet sie die Erlösung ihres Leides nur in seinem Tod.

Der Sohn von Iván, Carlos (Wojo van Brouwer) ist ein Lutscher, der als ein erwachsener Mann immer noch bei seiner Mutter wohnt und es nicht über die Lippen bringt, ihr zu sagen, dass er nun mit seiner jungfräulichen Verlobten in eine Wohnung zieht. Die letzte, sobald sie sich fallen lässt und ihre Jungfräulichkeit verliert, denkt nicht mehr an ein Zusammenleben mit ihm.

Candela, die Freundin von Pepa, die von Beruf ein Fotomodel ist, lernt einen muslimischen Terroristen kennen, von dem sie nur weiß, dass er gut im Bett ist. Ihre Naivität schützt sie vor Gefahr. Da sie jedoch den Druck nicht aushält, schießt sie von einem Balkon.

Das Musical „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ läuft in einzelnen Szenen ab. Frauen zeigen ihre Macht, indem sie sich selbst für ihre Aktivitäten entscheiden und für diese auch Verantwortung übernehmen. Zumindest macht es so Pepa, die im Endeffekt realisiert, dass sie Iván nicht mehr liebt und sich über ihr neues Glück, den kleinen unter ihrem Herz heranwachsenden Mensch, freut.

Auch wenn Paulina (Verena Lercher), die Anwältin von Lucía, sie selbst und Pepa die Unehrlichkeit seitens Iván spaltet, so haben sie jedoch eines gemeinsam; Sie haben es dringend notwendig lockerer zu werden, sich fallen zu lassen, ihr Leben zu überdenken und sich von den leichtsinnigen Gefühlen und Gedanken nicht verführen zu lassen.  

Jens Burde (Bühne) macht aus einer winzigen Bühne des Schauspielhauses Graz eine bunte und mit Spezialeffekten überzogene Hollywoodarena. Sogar ein kleines zweistöckiges Taxi hat dort Platz. Die Bühne erblüht das ganze Stück durch von der Mehrzahl der weiblichen Darstellerinnen in 50er Jahre Tracht. Neben etwas mehr Haut zeigen sie unter anderem starke weibliche Charaktere und Persönlichkeiten, verstärkt durch die starken Stimmen. Besonders fasziniert die mit männlicher Tönung überzogene Stimme von Pia Luise Händler. Jens Burde legte insbesondere in der Szene, in der Pepa eine brennende Zigarette auf ihr Bett wirt, einen Akzent auf Natürlichkeit. Etwas misstrauisch blickten die Zuschauer im Saal auf die Ausgangstüre und bereiteten sich zumindest gedanklich bereits auf die Flucht vor, als schließlich als Feuerwehrmänner gekleidete Menschen den Saal betraten und das Feuer löschten.
 
"Frauen am Rande des Nervenzussamenbruches", das im Schauspielhaus Graz spielt, ist ein Abendprogramm, an dem die Gefühle, Herzen, Emotionen in einem starken und talentierten Schauspieleintopf kochen. Bis 19. März 2013 hat jedenfalls jeder eine Chance sich davon zu überzeugen.

(vs)

Fotos: Lupi Spuma

die-frau.ch