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"Der Staatsfeind Kohlhaas" - von Pferden, die vom Ficken denken und von Menschen, die um Gerechtigkeit kämpfen
04.10.2012
Michael Kolhaas, ein deutscher Pferdezüchter, fährt mit gutem Dutzend Pferde zur Leipziger Messer, um mit seinen erstklassigen Tieren Geschäfte zu machen. Stattdessen gerät er in einen geschlossenen Kreis aus Ungerechtigkeit und einflussreichen Menschen. Im Endeffekt verliert er seine Pferde, seine Frau wird erschlagen, sein treuer Knecht im Kampf getötet. Doch es handelt sich in diesem Stück nicht um ein trauriges Schicksal, sondern um den Kampf um das Recht. Denn Michael Kohlhaas geht es in erster Reihe nicht um das Wohl und Gut der Pferde, sondern um die Wiederherstellung der Gerechtigkeit in seinem Land. Aus Zorn und Haas entschließt er sich sogar, sein Haus zu verkaufen um dies um Viertel seines wahren Preises. Denn in einem Land, wo Ungerechtigkeit statt bekämpft, weiter ausgeübt wird, will er nicht leben. Seine Verzweiflung und Haas bringen ihn dazu, dass er zu einem Mörder und Rebellen wird. Eigengerechtigkeit ist heutzutage gar nicht so selten. Denn in einer Gesellschaft, wo es zwar allgemeine Rechte gibt, diese aber für eine bestimmte Gruppe von Privilegierten Personen nicht  gültig sind, wechselt man gezwungenermaßen die Seite. Die Verantwortung für seine Taten trägt schlussendlich das Opfer der Umstände und Ausnahmen. Und trägt denn im Endeffekt der Bürger, der durch die einflussreichen zu einem Außenseiter gemacht wurde, die Schuld dafür, dass er sich als gezwungener Außenseiter in seiner Haut nicht wohl fühlt?
 

Wofür ein Mensch, der sich verraten und verlassen fühlt, fähig ist, was die wahren Werte im Leben sind, zeigten zwölf Studenten im dritten Studienjahr an der Kunstuniversität Graz im Stück "Dr Staatsfeind Kohlhaas", der gestern, am 30.09.2012, seine Premiere spielte. Als besonders professionell, charismatisch und witzig haben sich die jungen Schauspielanfänger_innen gezeigt. Nicht umsonst beschenkte der volle Saal der Probebühne des Schauspielhauses die Schauspieler mit einem fetten Applaus. Die Angepasstheit an die moderne Wahrnehmungsart, Witz, der scheinbar in so einem ernsten Stoff nichts verloren hat, verbunden mit Ernsthaftigkeit, bewegbare Bühnendekorationen und Einbindung und Bespielung des Zuschauerraumes sorgten für einen entspannten Abend. Einige Zuschaue konnten sich sogar vor Lachen nicht beherrschen.
 
Auffallend sind einige Eckereignisse in der Aufführen, die den Zuschauer dazu führen, sich einige Gedanken über die angesprochenen Themen zu machen. Wie z.B. Ein Vater, dem die Leben seiner Kinder nichts Wert sind, dafür aber sein eigenes. Die Darstellung zwei verschiedenen Frauengestalten: in Person der Lisbeth(Franziska Plüschke) und der Stute(Claudia Kainberger). Wobei Lisbeth als eine typische Ehefrau, die auf ihren berufstätigen Ehemann(Dominik Jedryas in der Rolle des Michaels Kolhass), die Kinder großzieht ist die Stute ein Beispiel für die Natur. Sie will von dem Hengst nur, dass er sie fickt und das, weil sie ein Fohlen will.
 
Die Aufführung nimmt immer wieder einen neuen Charakter an: mal ist es ernsthaft, mal ist alles witzig, sodass man die Ernsthaftigkeit der Geschichte vergisst. Die Abspielung, die bewegliche Bühne aus einer Holzkonstruktion, die an das trojanische Pferd erinnert machen ein gutes Bild. Vor allem die Nähe und ein gutes Zusammenspiel zwischen dem Zuschaeur und den Schauspielern sind die goldene Mitte des Stückes.

Fotos: Lupi Spuma

die-frau.ch