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Stadt Wien lässt Mann verwesen
18.05.2010
Am Dienstagvormittag wurde Dr. Diplomkaufmann Josef Endres, ein bekannter Münzsammler, durch die Polizisten Inspektor Michael Striessnig und Gottfried Leutner, tot in seiner Wohnung aufgefunden. Der Bürgerservice wurde schon im August von der Hausverwaltung verständigt, dass Dr. Endres monatelang nicht mehr gesehen wurde.

Der 88-jährige wurde halbnackt auf dem Boden seines Schlafzimmers gefunden. Eine Fremdverschuldung kann nach einer Obduktion vorübergehend ausgeschlossen werden. Der Tote wird noch auf eine etwaige Vergiftung getestet. Die Wohnung war durchwühlt, an der Tür gab es jedoch keine Spuren eines Einbruches. Seine Münzen im Wert von mehreren Millionen Euro sind nicht auffindbar, der Safe aber ist unberührt. Dr. Endres’ bester Freund Ernst Lanz, ebenfalls Münzhändler, wurde vor 20 Jahren wegen Goldmünzen ermordet.


Der einzige Freund von Dr. Josef Endres, Dr. Hubert Lanz, lebt in München und gab gestern bekannt, dass Dr. Endres schon seit langem nicht mehr gesehen wurde. Nachdem auch telefonische Versuche, mit ihm Kontakt aufzunehmen, erfolglos blieben, veranlasste Dr. Hubert Lanz am Dienstag, dem 18. Mai, dass Polizei und Feuerwehr die Tür öffnen. Ein bestialischer Gestank drang aus der Wohnung am Lerchenfelder Gürtel 35. Der tote Dr. Josef Endres wurde mit mehrmonatigen Verwesungsspuren, grün und violett angelaufen, aufgefunden. Seine Wohnung ist unmittelbar neben der Hausverwaltung.


Ein nicht funktionierendes System


1. Die Hausverwaltung

Die Hausverwaltung hatte bereits im August den Psychosozialen Dienst des Bürgerservice kontaktiert, da Dr. Josef Endres nicht mehr gesichtet wurde und die Post sich stapelte, die Miete ab er wurde automatisch überwiesen. Sie erhielten die falsche Information, Dr. Endres habe einen Sohn, der sich um ihn kümmere. Die Hausverwaltung teilte die-frau.at mit, sie habe dies auf Grund von Datenschutzrichtlinien nicht zurückverfolgen können, obwohl derartige Richtlinien nicht existieren.

Nach einem Feuerwehreinsatz sollten alle Wohnungen auf etwaige Schäden überprüft werden. Da Dr. Endres nicht zu erreichen war, schickte die Hausverwaltung vor einigen Wochen einen eingeschriebenen Brief. Dieser kam jedoch zurück. Daraufhin unternahm die Hausverwaltung nichts.


2. Der Bürgerservice

Als im August die Hausverwaltung beim Psychosozialen Dienst anrief, gab ihnen Frau Manuela G. die falsche Auskunft, Dr. Josef Endres habe einen Sohn, einen gewissen E. Niegl, wohnhaft in der Glasergasse 3, der sich um ihn kümmere. Tatsächlich war Herr Niegl nicht Dr. Endres’ Sohn, sondern ein Bekannter. Manuela G. konnte bisher nicht für eine Stellungnahme erreicht werden.

Hätte die Hausverwaltung anders reagiert, wenn eine Frau Chefin gewesen wäre?

Warum werden Informationen der Hausverwaltung nur durch den Chef weitergegeben, warum äußert sich die Verantwortliche nicht hierzu?

Woher nahm die Verantwortliche des Bürgerservices die falsche Information, Herr Dr. Endres hätte einen Sohn? Warum kümmerte sie sich nicht weiter darum?

Wieso interessiert die Polizei nicht, wenn die Presse mehr Informationen hat als sie?

Kurz nach dem Fund der Leiche war die-frau.at vor Ort. Die Polizei hinderte uns nicht, mit der Hausverwaltung zu reden, wollte aber selbst keine Informationen geben. Das Kriminalamt vertrieb uns dann aus dem Stockwerk. Da die Tür kurzzeitlich geöffnet wurde, konnten wir den bestialischen Verwesungsgeruch riechen. Eine Stunde nach dem Fund kam der Rest der Presse, durch uns informiert, niemand hielt es für erachtenswert auf unsere exklusiven Informationen zu achten. Die Polizei hielt es nicht für wichtig uns zu fragen, wie wir an die Informationen gekommen waren. Ist es für die Gesellschaft irrelevant, die Wahrheit zu erfahren?

Exklusiv von Katrin O., K. H., Varvara S.


die-frau.ch