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Begeb' ich mich aufs gleiche Niveau - bin ich derselbe Arsch!
21.03.2012
Im Leben ist man immer wieder mit Menschen bzw Situationen konfrontiert, die einen fragen lassen "warum" oder "warum ich". Es kann die unfreundliche Bedienung sein, jemand, der einen auf der Straße anpöbelt, oder der Zeitungsbericht über einen Verbrecher. Nun geht jeder Mensch anders damit um. Entspricht es nicht der eigenen Vorstellung von Verhalten, Recht, Ordnung, etc., so reagieren viele mit Ablehnung, Trauer oder Wut. Sie sind nachtragend, lassen ihre Laune davon beeinträchtigen und denken "dem g'hört das gleiche angetan!" oder "wenn ich entscheiden würd, wär der schon längst...". Nun gibt es die Verfechter der "wie du mir - so ich dir"-Philosophie, gleiches Recht für alle. Die Frage ist jedoch, wenn man einem Menschen das Gleiche antut, was derjenige einem selbst bzw. jemand anderem angetan hat, was hat man damit bewirkt? Ist es nicht so, dass man sich dadurch auf dasselbe Niveau herab begeben hat und um nichts besser ist als das Gegenüber? Ist ein Fehlverhalten eines anderen die Rechtfertigung für das eigene Fehlverhalten? Wohl kaum.
 
Doch welche Möglichkeiten hat man? Ist es eine Kleinigkeit, wie der Rempler auf der Straße; man kann zurückrempeln, mies gelaunt weitergehen oder einfach darüber stehen, lächeln und sich denken "Von dir lasse ich mir nicht meine Laune runterziehen". Mit etwas Menschenverstand und Gefühl schafft man vielleicht sogar ein "Ich kenne dich nicht, weiß nicht was dich in diese Situation gebracht hat. Friede sei mit dir". Und raten Sie mal was dann passiert. Man hat bessere Laune und verschwendet keinen Gedanken mehr an den Rempler.

Doch was ist mit Verbrechern? Sind es Fremde denen Unrecht angetan wird, sind wir zwar Betroffen, doch der Schmerz sitzt längst nicht so tief wie wenn es einen selbst oder jemanden, den man kennt, betrifft. Hier stellt sich eine gesellschaftliche, ethische als auch emotionale Zwickmühle. So oder so kann man das Geschehene nicht ungeschehen machen, man kann nur lernen, damit zu leben. Ein korruptes, unfähiges und teilweise unsinniges Rechtssystem macht es einem da nicht gerade leichter. So erwarten einen Mann für mehrfach schwere Kindesmisshandlung ein paar Jahre Haft, während ein anderer für Urheberrechtsverletzung an die 20 Jahre fürchten muss. Dies - ein doch sehr drastisch Beispiel - kursiert ohne Hintergrundinformation derzeit im Internet. Na wen wundert da noch die wachsende Angst und das schwindende Vertrauen ins Rechtssystem? Muss man nun mit linden oder nichtigen Folgen für den Täter rechnen, stauen sich Wut, Trauer und die Neigung zur Selbstjustiz. Und im Falle der tatsächlich gelingenden Rache (eigenhändge Ermittlungen zur Unterstützung der Justiz ausgenommen), mag zwar das Gefühl der Gerechtigkeit den Schmerz etwas senken, doch was resultiert sind die Folgen für einen selbst, mit denen man dann leben muss, denn immerhin hat man selbst Unrecht getan. Unrecht mal Unrecht ergibt nicht Recht!
 
Es ist das Schwierigste im Schmerz, nicht unrecht zu handeln! Aber es ist keine Lösung, weder für einen selbst, noch für sonst jemanden. Man kann nur versuchen darüber zu stehen, bei den Ermittlungen zu helfen - wenn es in der eigenen Macht steht - und lernen damit zu leben. Nur eine derartige Einstellung kann zu einer friedlicheren Welt führen, da jede unrechte Handlung eine Kettenreaktion an Unrecht, Schmerz, Rache und Trauer auslöst. Und ein Mensch, der sich wahrhaft den Weltfrieden wünscht, will keinem anderen Mensch Unrecht antun.

 
(kh)

die-frau.ch