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Überall ist es besser wo wir nicht sind?
13.06.2018
Den „Zauberer von Oz“ kennt man als eine zauberhafte Geschichte voller Magie, Freundschaft und Abenteuer. Was für ein Kind ein unbekümmertes Schauspiel aus Farben, Kleidertracht und Abenteuer ist, hat für einen Erwachsenen einen tieferen Sinn. Es geht um die Suche nach sich, um die Suche nach dem, was man bereits seit langem besitzt.  
 
Someday I'll wish upon a star
And wake up where the clouds are far
Behind me.
Where troubles melt like lemon drops
Away above the chimney tops
That's where you'll find me.
 
(Eines Tages werde ich mir was wünschen
Und wache dort auf, wo die düsteren Wolken hinter mir bleiben
und wo alle Sorgen wie Zitronentropfen schmelzen
Ich werde über den Spitzen von Rauchabzügen sein.
Und hier findest du mich dann.)
 
Dorothy, eine 14-jährige junge Frau aus Kansas, die sich vor dem Wirbelsturm im Haus versteckt hat, fällt mit diesem Haus auf eine böse Hexe des Ostens, was sie zu einer Heldin unter den Munchkin, den Bewohnern hinter dem Regenbogen, macht. Einmal dort, wo sie schon immer sein wollte, wünscht sie sich nichts sehnlicher als wieder nach Hause zu kommen. Auf ihrem Weg trifft sie drei Freunde, die denen von der Farm in Kansas ähneln: eine Vogelscheuche, der das Hirn fehlt, einen Blechmann, dem ein Herz fehlt, und einen Löwen, der keinen Mut hat. Unterwegs zur Smaragdstadt erkennen alle drei, dass alles, was sie sich wünschen, sie bereits selbst besitzen, es wollte nur entdeckt werden. So fällt es auch dem Zauberer von Oz leicht, da dieser selbst keine Zauberkräfte besitzt, sondern bloß ein Illusionist ist, diesen ihre Wünsche zu erfüllen. Es bedarf nur eines Glaubens an sich und die eigenen Fähigkeiten. 
 
Fraglich bleibt, warum es Dorothy unbedingt nach Hause zieht. Denn der Ausgangspunkt ihrer Suche nach einem Ort hinter dem Regenbogen war die Tatsache, dass sie von allen ihren Verwandten nicht ernst genommen wurde und keiner ihr Gehör schenkte. Auch war das Gesetz über dem Menschlichen als ihr der einzige treue Freund, der Hund Toto, weggenommen wurde und niemand sich für sie einsetzte und ihr zur Seite stand. 
 
Der Ort, wo alle Sorgen wie Zitronentropfen schmelzen und wo alle glücklich sind und alles sonnig ist, ist eine Grundlage für viele Märchen und Zaubergeschichten. Man sehnt sich danach, wenn man dort, wo man ist, sich unwohl fühlt und niemanden hat, mit dem man diese Sorge teilen kann. Als eine junge Frau will Dorothy sich erwachsen fühlen und als solche wahrgenommen werden. Wird man jedoch als ein Kind behandelt und nicht wahrgenommen, so sehnt man sich umso mehr danach, irgendwo zu sein, wo man nicht alleine ist und Freunde hat, die hinter einem stehen. „Der Zauberer von Oz“ stellt die Geschichte einer Ausreißerin dar, die auf der Suche nach sich selbst, nach dem, was ihr wirklich wichtig ist, ist. Solche Geschichten von jungen Frauen und Männern, die mit 14 mehrere Wochen von zu Hause weg sind, füllen beinahe jeden Tag die Zeitschriften. Nicht jede endet allerdings so positiv wie die von Dorothy. 
 
Das Musical „Der Zauberer von Oz“ von Harold Arlen in der Regie von Henry Mason bietet alles, was das Herz begehrt: viel Stoff zum Lachen, bunte Kostüme und Bühnenbild, wunderschöne Stimmen, Tanzeinlagen und bezauberndes Schauspiel. 
Zu den Stars des Musicals „Der Zauberer von Oz“ in der Wiener Volksoper wurden Juliette Khalil, die sich scheinbar sehr wohl in ihrer Rolle einer 14-jährigen fühlte, sowie die böse Hexe des Westens Christian Graf, der eigentlich ein Hex ist.
 
Der Jungredakteur Jordan war so begeistert vom Musical, dass er trotz der fortgeschrittenen Zeit (das Musical dauert 3 Stunden bis 21:30 mit nur 1 Pause) bis zum Schluss wach blieb. Als die böse Hexe des Westens die aus der Hollywood-Filmproduktion bekannten Worte, die als einzige in Englisch gesprochen wurden „What a world; what a world“, aussprach und langsam unter der Bühne verschwand, sagte der Jungredakteur Jordan (7 Jahre alt) zögerlich „Aber die Hexe ist eigentlich wirklich geschmolzen“. Als diese dann beim Verbeugen wieder aufgetaucht ist, war er ein wenig verwundert. Das Geheimnis der Schmelze musste hiermit gelüftet werden, was den jungen Theaterliebhaber noch mehr begeisterte.
Ein Abend für Groß und Klein, der zu empfehlen ist.

vs
 
Fotos: Barbara Palffy/Volksoper Wien

die-frau.ch