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Eine Tradition, die das scheinbar Unvereinbare zusammenbringt
27.02.2017
Seit Wochen schon hängt das Dirndl fertig angepasst, frisch von der Putzerei, alles bis auf das kleineste Detail perfekt kombiniert, und wartet auf seinen großen Auftritt. Nicht das Kleid wurde für die Veranstaltung maßgeschneidert, sondern das 
Kleid hat die Veranstaltung ausgesucht. Das kürzlich erworbene Tostmann-Dirndl sollte unter die Leute, dazu ein Zechner-Jäckchen, eine Dirndlbluse von Salzburger Trachten, kombiniert mit dazu passenden Schuhen von Zara. So einen Ball muss man sich leisten können, würden einige sagen. Denn „made in China“-Dirndl werden leicht für ein paar Hundert Euro zu erwerben sein, man will jedoch auf so einem Ball glänzen. Und zwar mit Originaltracht, „made in Austria“, am besten mit Traditionsmarken Tostmann, Salzburger, Country Line, Gössl, H. Moser, Sportalm etc. Diese sind allerdings nicht für jedes Geldbörserl geeignet. Ein Umweg wäre, die alten Dirndl von der Oma umzubauen (originaler wird man wohl nichts finden können) oder sich auf Flohmärkten oder in den Second-Hand-Läden umzuschauen. 
Bereits in der Straßenbahn erkennt man, dass man richtig eingestiegen ist. Denn so viele Dirndl und Lederhosen erleben die öffentlichen Verkehrsmittel nur einmal im Jahr, nämlich zum Bauernbundball. 
Ob man am Bauernbundball mit dem Kleid empfangen wird? Zumindest heißt der Dresscode: bodenlanges Dirndl und Lederhose bzw. als Alternative bodenlanges Abendkleid und Anzug. Der 68. Bauernbundball hat angenehm mit traditioneller Tracht aufgewartet. Viele schöne Dirndl, verschiedene Arten, eines schöner als das andere, ein Augenschmaus. Allerdings war auch Raum für den einen oder den anderen Ausrutscher gegeben, nämlich eine Frau in Jeans (!) und T-Shirt und einige Männer in Röcken – Verzeihung – im Kilt.   
Bereits um halb 8 drängen sich die Mengen in der Stadthalle. Jung und Alt haben sich bei dem Fest versammelt. Vor der Bühne bildet eine Menschenmenge einen Halbkreis, der Rest bummelt noch gemütlich in der Stadthalle herum und erkundet die Stände.   
In der Mitte der Stadthalle ist ein abgesperrter Bereich für Ehrengäste und GRAWE-VIPs. Das dortige Publikum erkennt man an seiner „Panier“. Die hohe Kunst der allerbesten Trachtenklassiker, die nicht einmal jedem Sterblichen ein Begriff ist. Hier wird nicht einmal bei der Strumpfhose auf „made in China“ zugegriffen. 
Die Eröffnung lässt auf sich warten, die lang ersehnte Polonaise mit den Schülern der landwirtschaftlichen Fachschule mit Choreographie von Willi Gabalier ist kürzer als erhofft und für die meisten nur am Bildschirm zu verfolgen.  Auf der Gala-Bühne Halle A präsentierte Claudia Eichler mit der Landjugend Bruck an der Mur ihren Auftanz.
Nach der Polonaise geht die Vorstellung der Ehrengäste in die zweite Runde. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, Außenminister Sebastian Kurz (dem laut Moderator zwei Busse junger Frauen am liebsten nach Wien folgen würden), Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Landesrat Hans Seitinger, Landesrat Christian Buchmann, Landesschulratspräsidentin Elisabeth Meixner, WK-Präsident Josef Herk, LK-Präsident Franz Titschenbacher, Stadtrat Kurt Hohensinner, Erik Veningdorf (Vorstandsdirektor des Hauptsponsors GRAWE), Sturm-Trainer Franco Foda, Graz 99ers-Kapitän Oliver Setzinger, Bundesligapräsident Hans Rinner, Sturm Präses Christian Jauk mit seinen beiden Geschäftsführern Günther Kreissl und Thomas Tebbich, St. Pölten-Sportdirektor Frenkie Schinkels, die Ex-Kicker Toni Pfeffer, Mario Haas, Markus Schopp und Günther Neukirchner sowie Stadtpfarrprobst Christian Leibnitz, sie alle haben den 68. Bauernbundball mit ihrem Besuch beehrt. Auch Jazz Gitti war in den vordersten Reihen zu sehen und hat auf ihre große Ankündigung gewartet und schien sichtlich überrascht, als die Vorstellungsrunde direkt vor ihr endete. 
Nach den Vorstellungen auf der Bühne ging es dann mit den allgemeinen Tänzen mit der Musik von den Fidelen Jungsteierern, den Glückskindern, Anni Perka, mit einer kurzen Verschnaufpause mit einer „Wild&Wald“-Modenschau, weiter. 
Durst war beim Bauernbundball fast ausschließlich mit alkoholhaltigen Getränken zu löschen. Kein Wunder, denn irgendwie muss man bis 5 in der Früh ausharren. Denn wie der Moderator selbst gesagt hat, wer vor halb 6 nach Hause gegangen ist, ist selber schuld. 
 
Wir freuen uns schon auf den 68. Grazer Bauernbundball, bei dem Stadt und Land wieder einmal in der Stadthalle zusammentreffen. Denn im Endeffekt bringt die schöne Tradition des Bauernbundballs das scheinbar Unvereinbare zusammen: Stadt und Land, Kulturen, verschiedene Weltsichten, sei es auch nur durch das Mittel der Tracht. 

VS
 
Fotos: Foto Fischer

die-frau.ch