Das Leben ein Fest > Zu sehen
Lieber irgendeiner als gar keiner
01.10.2016
In den 1920er Jahren verändert sich vor allem das Aussehen der Frauen radikal. Bis dahin hatten Frauen die Rolle der Hausfrau und Mutter, er Ehegattin, die für die Bedürfnisse des Mannes da zu sein hatte. In vielerlei Hinsicht geschah in den 20ern dann revolutionäres Umdenken.

Statt vornehme, hoch geschlossene, lange Kleider, Korsetts und Wespentaillen, lange Haare in Zöpfen zusammengebunden, gibt es ab nun kurze Kleider und Röcke und ein etwas freizügigeres Körperbild. Die Weiber schneiden sich buchstäblich die lange Zöpfe ab und greifen ab nun nach männlichem Vorbild zur Zigarette. Frauen dürfen nun arbeiten, wählen, sind nicht mehr auf eine "gute Partie" angewiesen und erlangen immer mehr gleiche Rechte wie die Männer.

Schauspielerin Frederike Haas bringt das 20er-Jahre-Flair auf die Probebühne der Grazer Oper: Ein kurzes, schwarzes, formloses Kleid, mit einer großen Schleife in Brusthöhe, kurz geschnittene Haare und ein eine Zigarette imitierender Kugelschreiber. 


 
Der Hollywoodwahn der Suche nach der wahren Liebe zeichnen das Stück „Das Girl aus der Reihe 17“ aus. So wie es jeder Hollywood-Film verspricht, muss es auch hier ein Happy End geben. Das etwas abgenutzte Kischee des Hollywood-Happy Ends kennt schon mittlerweile jedes Kind: ... and they lived happily ever after. (Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.) So sollte auch die Suche des Girls aus der Reihe 17 nach einem Mann ein Happy Ending finden.
 
Von einer selbstbewussten, zielstrebigen, unabhängigen Frau der 20er Jahre hat das Girl aus der Reihe 17 kaum etwas. Das einzige Mal, an dem man sie dabei sieht, wie sie ihr Leben in die Hand nimmt und dem ewigen Weinen, Jammern und Im-Champagner-Versinken fern bleibt, ist der Moment, als sie Mr. Gable kennenlernen will.

Das darf man ihr auch nicht übel nehmen, wer unter uns war nicht schon zumindest einmal in seinem Leben in Clark Gable verliebt?

Ohne große Mühe verschafft sie sich einen Platz unter sechs der Chorus Girls in einem Film Seite an Seite mit ihrem großen Star. Als ihr Traum jedoch plötzlich zu Nichte gemacht wird, verliert sie erneut die Kontrolle über ihr Leben. Schlussendliche fliegt sie aus der von ihr angemieteten Wohnung. Verzweifelt und allein entscheidet sie sich für die zweite Wahl. Hauptsache, irgendjemand liebt sie. Ein Brief eines geheimen Verehrers lässt sie wieder aufblühen. „We are not rich, we are not famous, but I love my baby and my baby loves me“ (Wir sind nicht reich und auch nicht berühmt, aber ich liebe mein Baby und mein Baby liebt mich). 
 
Das Girl aus Reihe 17“ ist ein gemütlicher Abend mit originalen Jazz-Songs der 20er, 30er und 40er Jahre mit Frederike Haas und Ferdinand von Seebach, mit authentischen 20er Jahre Tanzbewegungen. Das wohl berühmteste Lied „Puttin on the Ritz“ darf bei der Aufführung natürlich auch nicht fehlen. Ganz charmant mit einer schwarz-weißen Leinwand, einem alten Radio und einer Celesta lebt der Geist der 20er – 40er Jahre mit der Jazzgesellschaft von damals auf der Bühne neuerlich auf. 

 
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