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Rev. Insp. Alexandra Windisch – Polizistin mit der Lizenz zur Aktenpoesie
24.03.2016
Die Highlights der Handlungen und Aussagen der Rev. Insp. Alexandra Windisch:
„Die Beschuldigte befolgte diese Anweisung und löschte den Textbaustein nicht.“
„Da sich N. N: vehement weigerte, eine ladungsfähige Adresse anzugeben, sah die Beschuldigte keine andere Möglichkeit das Verfahren abzuschließen“ (Anmerkung der Redaktion - Rev. Insp. Alexandra Windisch hat mit N. N. überhaupt nicht gesprochen – hat also hellseherische Fähigkeiten, die sie bei ihrer Polizeiarbeit anwendet.)

„Die hier zweifelsfrei vorliegende Nachlässigkeit der Beschuldigten bzw die "blinde"
Dienstanweisungsbefolgung begründen typischerweise bloß einen Fahrlässigkeitsvorwurf , der aber weder einen wissentlichen Befugnismissbrauch noch einen (zumindest bedingten) Schädigungsvorsatz indiziert“

„Mit dem Vermerk "Unterschrift verweigert" sollte lediglich festgehalten werden , dass der zur Aufenthaltsermittlung ausgeschriebenen Person weder die Belehrung noch die Aufenthaltsermittlung selbst zur Kenntnis gebracht wurde bzw werden konnte.“

„…und in dem Bewusstsein, dass ihr Vorgesetzter ohne einen Vermerk beim Feld "Unterschrift" des zur Aufenthaltsermittlung Ausgeschriebenen eine Übermittlung an die Staatsanwaltschaft nicht genehmigen würde , sah die Beschuldigte keine andere Möglichkeit als das von ihr gewählte Vorgehen.

„Die Beschuldigte gab glaubwürdig an, in dem Vermerk keine unrichtige Beurkundung gesehen zu haben, da sie weder die Unterschrift des N. N.  gefälscht noch sonstige Tatsachen eigenmächtig geändert hatte.“.

Zuvor hat die Landespolizeidirektion der Richtlinienbeschwerde des N. N. Folge gegeben und die allgemein bekannte, im Rahmen der Richtlinienbeschwerde neuerlich bekannt gegebene ladungsfähige Anschrift dem Gericht mitgeteilt.
Gegen diese Anforderungen an polizeiliche Niederschriften sind Romane hard facts.
Kann man dafür auch einen Nobelpreis für Literatur bekommen?
Der gesamte Text der Begründung der Einstellung wörtlich nachstehend.
Ulrike Mayer





STAATSANWALTSCHAFT GRAZ
 

8 St 8/16h - 1
(Bitte in allen Eingaben anführen)


C.v.Hötzendorf-Str  .    41-45
8010 Graz

Tel.. +43 316 8047 5552
 

 
Personenbezogene Ausdruecke in diesem Schreiben umfassen Frauen und Maenner gleichermaßen
 

STRAFSACHE:

Gegen:

Beschuldigte/r
Revlnsp. Alexandra WINDISCH geb.  18.03.19XX

Wegen:
§ 302 in eventu 311 StGB

 

BENACHRICHTIGUNG

 
des Opfers
 
von der Einstellung des Verfahrens

Die Staatsanwaltschaft hat keinen Grund zur weiteren Verfolgung gefunden und das
Ermittlungsverfahren eingestellt.

Sie sind nunmehr berechtigt, Folgendes zu beantragen:

A . Sie haben binnen 14 Tagen das Recht nach Zustellung der Begründung der Einstellung die Fortführung (= Fortsetzung) des Ermittlungsverfahrens zu beantragen. Ein solcher Antrag ist zulässig , wenn

1. das Gesetz verletzt oder unrichtig angewendet wurde, d.h. die Voraussetzung der Beendigung rechtlich falsch beurteilt wurde ,
2.    erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Tatsachen bestehen , die der Entscheidung über die Beendigung zu Grunde gelegt wurden , oder
3.    neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden , die für sich allein oder im Zusammenhalt mit übrigen Verfahrensergebnissen geeignet erscheinen , den
Sachverhalt soweit zu klären,  dass ein Täter ausgeforscht werden kann und in weiterer Folge nach dem 11. (Diversion) oder 12. Hauptstück (Anklage) vorgegangen werden kann.

 

8 St 8/16h- 1



B. Sie können einen solchen Antrag jedoch auch unmittelbar binnen 14 Tagen nach Zustellung der Verständigung von der Einstellung einbringen .

Ein Fortführungsantrag  ist bei der Staatsanwaltschaft schriftlich per Post, perTelefaxoder im elektronischen Rechtsverkehr (www.eingaben .justiz .gv.at) einzubringen. Eine E-Mail stellt keine zulässige Form der Übermittlung eines Fortführungsantrages (iSd § 83 StPO) dar.

Der Antrag hat das Verfahren , dessen Fortführung begehrt wird, zu bezeichnen und die zur Beurteilung seiner fristgemäßen Einbringung notwendigen Angaben zu enthalten (Angabe, an welchem Tag die Verständigung bzw. die Einstellungsbegründung zugestellt wurde ; Poststempel am Kuvert) .

Überdies sind die Gründe einzeln und bestimmt zu bezeichnen , aus denen die Verletzung oder unrichtige Anwendung des Gesetzes oder die erheblichen Bedenken abzuleiten sind
(d.h. Sie müssen im Einzelnen darlegen , aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen Sie die Einstellung für fehlerhaft halten) .

Werden mit dem Antrag auf Fortführung auch neue Beweismittel vorgebracht , so gilt § 55 StPO sinngemäß; d.h. das Beweisthema (erhebliche Tatsachen, die zu beweisen sind), die Beweismittel, mit denen diese Tatsachen bewiesen werden können (z.B. Zeugen , Vorlage von Urkunden usw.), und jene Informationen, die für die Durchführung der Beweisaufnahme erforderlich sind, sind genau zu bezeichnen .

Es wird Ihnen geraten, sich über die Voraussetzungen eines solchen Antrages durch eine Opferschutzeinrichtung beraten zu lassen (kostenloser Opfernotruf: 0800 112 112, www.opfer­ notruf.at oder www.weisser-ring.at) .

Weist das Gericht Ihren Antrag ab oder zurück (etwa dann, wenn die Einbringung verspätet oder durch eine nicht berechtigte Person erfolgt ist, über den Antrag bereits rechtskräftig entschieden wurde oder dieser den oben ersichtlichen Voraussetzungen nicht entspricht), haben Sie einen Pauschalkostenbeitrag  in der Höhe von 90 Euro zu bezahlen. Sie werden in diesem Fall eine entsprechende Zahlungsvorschreibung erhalten.

Die Zahlung ist nachzusehen, wenn dadurch der zu einer einfachen Lebensführung notwendige Unterhalt Ihrerseits oder Ihrer Familie gefährdet würde.

Haben auch noch andere Opfer wegen derselben Handlung erfolglos eine Fortführung beantragt, so haften sie für den Pauschalkostenbeitrag solidarisch , wobei jedem Antragsteller ein Pauschalkostenbeitrag vorgeschrieben wird .

Ihr Recht, privatrechtliche Ansprüche , vor allem Schadenersatzforderungen , nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung  durch Klage vor den zuständigen Zivilgerichten geltend zu machen, bleibt in jedem Fall unberührt . Für nähere Auskünfte dazu können Sie sich an eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt , eine der eingerichteten unentgeltlichen Auskunftsstellen oder an einem Amtstag an das nächste Bezirksgericht wenden .

Für nähere Auskünfte zum gegenständlichen Verfahren können Sie sich an die Staatsanwaltschaft


Beisatz:
Der Einstellung lagen folgende Erwägungen zu Grunde:
 

8 St 8/16h - 1
 
 

Nach der Einvernahme der Beschuldigten zu den Tatvorwürfen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB bzw der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach§ 311 StGB durch das in OZ 1 beschriebene Verhalten ist folgendes festzuhalten :
1.    Die Beschuldigte handelte jedenfalls in subjektiver Hinsicht nicht tatbestandsmäßig iSd §
302 Abs 1 StGB. Von einem "wissentlichen" Befugnismissbrauch kann weder im Hinblick auf die Nichtentfernung des Textbausteines betreffend die Belehrung des zur Fahndung Ausgeschriebenen über die Folgen der Unterlassung der Angabe einer ladungsfähigen Zustelladresse noch auf den Vermerk "Unterschrift verweigert" gesprochen werden . Wie aus der von der Beschuldigten beigebrachten "generellen Dienstanweisung" (ON 4) hervorgeht , sind "Veränderungen in Struktur oder Inhalt der bereitgestellten Dokumentenvorlagen grundsätzlich untersagt". Die Beschuldigte befolgte diese Anweisung und löschte den Textbaustein nicht. Nach eigenen Angaben handelt es sich bei der Bearbeitung derartiger Dokumente auch um eine "Routinetätigkeit" , für die in Anbetracht des enormen Arbeitsanfalles an der Dienststelle nur ein begrenzter Zeiteinsatz möglich sei.
Bezüglich der dokumentierten "verweigerten" Unterschrift verhält es sich ähnlich. Da sich
N. N: vehement weigerte, eine ladungsfähige Adresse anzugeben, sah die Beschuldigte keine andere Möglichkeit das Verfahren abzuschließen , als das von ihr gewählte Vorgehen. Sie erachtete dieses auch jedenfalls für vertretbar und nicht missbräuchlich iSd § 302 StGB.
Die hier zweifelsfrei vorliegende Nachlässigkeit der Beschuldigten bzw die "blinde"
Dienstanweisungsbefolgung begründen typischerweise bloß einen Fahrlässigkeitsvorwurf , der aber weder einen wissentlichen Befugnismissbrauch noch einen (zumindest bedingten) Schädigungsvorsatz indiziert (stRsp; siehe nur RIS-Justiz RS0117788).

2.    Auch kann das Handeln der Beschuldigten nicht unter§ 311 StGB subsumiert werden . Tatsächlich beurkundete sie in einer öffentlichen Urkunde keine Tatsache "fälschlich" . Mit dem Vermerk "Unterschrift verweigert" sollte lediglich festgehalten werden , dass der zur Aufenthaltsermittlung ausgeschriebenen Person weder die Belehrung noch die Aufenthaltsermittlung selbst zur Kenntnis gebracht wurde bzw werden konnte. Daher entspricht die beurkundete Tatsache der Nichtkenntnisnahme des Inhaltes der Aufenthaltsermittlung der Wahrheit und ist somit nicht unrichtig iSd § 311 StGB, also keine "schriftliche Lüge" (vgl E. Fuchs/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch § 311 Rz 9 f). Darüber hinaus würde der Beschuldigten auch der Tatbildvorsatz fehlen . N. N. wurde im Vorfeld von der Beschuldigten mehrmals aufgefordert , eine ladungsfähige Adresse anzugeben, was dieser jedoch vehement verweigerte . ln  Anbetracht der sohin erkannten Aussichtslosigkeit einer neuerlichen Ladung bzw diesbezüglichen Nachfrage bei N. N. und in dem Bewusstsein, dass ihr Vorgesetzter ohne einen Vermerk beim Feld "Unterschrift" des zur Aufenthaltsermittlung Ausgeschriebenen eine Übermittlung an die Staatsanwaltschaft nicht genehmigen würde , sah die Beschuldigte keine andere Möglichkeit als das von ihr gewählte Vorgehen . Sie nahm auch an, dass die Person des N. N. und seine Kooperationsverweigerung mit staatlichen Behörden bei der Staatsanwaltschaft Graz bekannt sei und der gesetzte Vermerk im eben dargestellten Sinn verstanden werde . Die Beschuldigte gab glaubwürdig an, in dem Vermerk keine unrichtige Beurkundung gesehen zu haben, da sie weder die Unterschrift des N. N.  gefälscht noch sonstige Tatsachen eigenmächtig geändert hatte.

Das Verfahren ist daher gemäß § 190 Z 2 StPO einzustellen.



Staatsanwaltschaft Graz, Geschäftsabteilung 8 Graz, 10. März 2016
Mag. Cornelia Koller, Staatsanwältin



Elektronische Ausfertigung gemäß § 79 GOG




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