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Schätzt man die Jugend erst, wenn man alt ist?
01.02.2011
Im TAG – Theater an der Gumpendorfer Straße ist ein Stück mit dem Titel „Die Nacht ist jung“ zu sehen. Darin hat ein alter Mann sich einer Operation unterzogen, welche ihm einen neuen Körper gab. Einen jungen Körper. Die Frage, die sich stellt, lautet: Warum? Hat er vorher nicht gelebt? Hat er nur existiert?

Der Mann im Stück (gespielt von Julian Loidl) hat bekommen, was er wollte: ein schönes Gesicht, glänzende Haut, weiße Zähne… Seine alte Seele versteckt sich hinter dem schönen Schein der Jugendlichkeit. Und mit diesem neuen Körper holt er all das nach, was er in seiner ersten Jugend nicht gemacht hat: das Leben in vollen Zügen genießen. Und doch steht er am Ende da und fühlt sich nicht wie die anderen jungen Menschen. Weil er dann doch alt ist. Und alt bleibt, egal wie er aussieht. „Sie werden mich nie verstehen und ich werde von ihnen nie verstanden.“

Würde uns diese Möglichkeit gegeben, mit einer einzigen und recht unaufwändigen Operation auch im Alter einen neuen jungen und schönen Körper zu haben, würden sie wohl die allermeisten sofort ergreifen. Und zwar ohne sich zu fragen, ob sie das glücklich macht. Doch woher kommt diese ewige Suche nach Jugendlichkeit? Warum hört man immer nur: „Ich bin alt, ich kann nicht“, oder „Ich bin nicht mehr so jung und gut wie früher“? Zählt denn das Alter und die damit verbundenen Erfahrungen gar nicht?

Wir haben doch alle in der Hand, wie wir unser Leben leben. Wir können die Jahre, die wir auf dieser Welt haben, so gestalten, wie wir wollen. Und wenn wir das tun, kann es doch keinen Grund geben, später nochmal von vorne anfangen zu wollen. Leben wir die Zeit, in der wir uns gerade befinden, statt entweder nach vorne in eine unbestimmte Zukunft oder nach hinten in eine Vergangenheit voller verpasster Momente zu blicken. Und wie alt muss man werden, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen?

Wenn ein 93Jähriger von sich selber sagt, er fühlt sich wie mit 50, oder wenn 50Jährige zur Uni gehen, um etwas Neues zu lernen, dann sind das nicht nur Beispiele für Menschen, die ihr Leben nicht mit dem Alter an den Nagel hängen, sie sind auch ein Vorbild für die Jugend, sie zeigen, dass es egal ist, wie viel man schon erlebt oder noch vor sich hat: Jetzt ist es, wo man all das machen kann und soll, was man machen will.

Mehr Infos zum Theaterstück „Die Nacht ist jung“ von Nehle Dick am TAG – Theater an der Gumpendorfer Straße: www.dastag.at/produktionen/nacht

(sk)

die-frau.ch