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Körper an Körper – so schenken die Hormone des Lebens mehr Gesundheit
15.01.2011
„Brauchen Sie ein Gitterbett?“, fragte der Kellner im Hotel-Restaurant, als er mich mit dem Neugeborenen auf dem Arm sah. Für mich ist es selbstverständlich und ganz natürlich, dass mein Kind getragen wird und bei mir im Bett schläft, für den Kellner, sowie für ungefähr 98% der Menschen in den westlichen Gesellschaften, sind Kinderbettchen, Kinderwagen und das Kind nicht Haut an Haut bei der Mutter und anderen Erziehungspersonen zu tragen, eine Realität, die als einzig richtige und annehmbare angesehen wird.

„Wir haben zu unserer Zeit keine Wahl gehabt. Die Frau ging relativ bald nach der Geburt arbeiten, unter anderem auch auf das Feld, und das Kind war dann in einem Körbchen dabei. Oder ich stellte meine Kinder in einem Kinderwagen im Winter nach draußen, damit diese dann beim Schlafen frische Bergluft bekommen“, erzählt eine Pensionsbesitzerin aus Tauplitz. „Ich habe schon alles gesehen – Kinder im Tragetuch, im Babybjörn, aber dass ein Baby Körper an Körper getragen wird, noch nie.“ Dazu, dass die Hormone, die das Kind durch den Schweiß der Mutter über die Nase einatmet, bei der Entwicklung des Kindes wichtig sind, meinte sie, das klinge nach Märchenstunde und könne nicht so wichtig sein.

Als frischgebackene und unerfahrene Mutter verlässt man sich natürlich auf den Rat erfahrener Personen und das eigene Gefühl. Und das sagt mir, dass so ein kleines Krümelchen nie genug Körperwärme und Nähe bekommen kann. Dadurch wird nicht nur Geborgenheit, Nähe und Wärme geboten, sondern auch das für die gesunde und ausgewogene Entwicklung des Babys wichtige Hormon Oxytozin durch den Schweiß der Mutter auf das Kind übertragen. Außerdem stärkt sich dadurch die Mutter-Kind-Bindung.

Gleich nach der Geburt rief ich meine Mutter an, um ihr zu ihrem Enkel zu gratulieren. Ihre erste Frage war, wo sich denn mein kleiner Sohn gerade befindet. Er lag auf meiner Brust und zwitscherte leise vor sich hin. Ihre Bewunderung für seine Ruhe und Zufriedenheit kannte kein Ende. Sie meinte, ich habe die ganze Zeit nur rumgeschrien und keine Ruhe gegeben. Kein Wunder, wurde ich doch als Kaiserschittbaby gleich nach der Geburt von meiner Mutter getrennt, in eine Box aus Glas gestopft und erst nach drei Tagen, in denen meine Mutter danach gefordert hatte, zu ihr gebracht. Der Unterschied springt wohl jedem ins Auge.

Die Natur ist einfach, und doch fällt es den Menschen immer wieder schwer, sie zu verstehen und nach ihren Gesetzen zu leben. Moderne Methoden werden über das Muttergefühl und den gesunden Menschenverstand gestellt, obwohl doch letztere seit Jahrhunderten zum Überleben der Menschheit beigetragen haben.

Die Ärztin bei der ersten Mutter-Kind-Pass-Untersuchung staunte, als sie meinen Sohn nur mit Windel, Strümpfen und Haube sah. Dann fasste sie seinen Fuß an, der sich ganz warm und angenehm anfühlte. „Er ist doch ganz nackt!“, äußerte sie ihre Verwunderung. Die Krankenschwester aber erwiderte: „Er liegt aber ganz nah am Körper der Mutter, wird dadurch gewärmt und darüber sind noch mehrere Hemden und eine warme Weste, die dem Kleinen den Rücken wärmen. Es ist fast wie im Babybauch!“ Nachdem die Hebamme, die ebenfalls Zweifel hatte, ob es dem Kind warm genug ist, den Fuß des Babys berührt hatte, wurde auch ihr klar, dass das Kind nicht friert und eine ganz normale Temperatur hat.

Es muss nicht jeder von einer bestimmten Methode, wie das Kind groß zu ziehen ist, überzeugt sein. Jedoch ist sie für dieses eine Kind die Mutter und die Entscheidung liegt allein bei ihr. In der Tat eine perfekte Vorstellung. Nur wird diese Wahl der Mutter auch immer überlassen? Oder sind die Zwänge durch die Gesellschaft nicht doch hin und wieder so stark, dass man ihnen nachgeben muss?

Ich als Mutter suche die Wege, die meinen Überzeugungen entsprechen, egal ob ich damit den Vorgaben der Gesellschaft entspreche oder nicht, nicht um mich gegen die Gesellschaft zu stellen, sondern weil ich ganz alleine über mich und mein Kind entscheiden will.

(vs)


die-frau.ch