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PR/Pressemitteilung: Schlaganfall
17.07.2015
Barcelona – Eine zusätzliche Gabe von Harnsäure zur Thrombolyse hat in einer randomisierten klinischen Studie die Chancen von weiblichen Patienten, einen Schlaganfall ohne schwere Behinderungen zu überleben, verdoppelt. Bei Männern wurden die Therapieergebnisse laut einer Publikation in Stroke (2015; doi: 10.1161/STROKEAHA.115.009960) nicht verbessert.

Harnsäure, das Endprodukt des Purinabbaus, wird in der Medizin eher als Krank­heitsverursacher denn als Medikament angesehen. Hohe Serumwerte können schmerzhafte Nierensteine, Gelenkentzündungen und Gichtknoten auslösen. Sie werden mit Herz- und Gefäßproblemen und mit einem Typ 2-Diabetes in Verbindung gebracht.

Harnsäure hat jedoch auch anti-oxidative Eigenschaften. Das Molekül fängt schädliche Sauerstoffradikale ab, die bei einer Ischämie das Gewebe schädigen. Nachdem epidemiologische Studien gezeigt hatten, dass Menschen mit hohen Harnsäure-Spiegeln einen Schlaganfall leichter überstehen, entschlossen sich zehn spanische Kliniken zu einer Interventionsstudie.

An der URICO-ICTUS-Studie nahmen 421 Patienten mit ischämischem Schlaganfall teil. Alle erhielten eine Lysetherapie mit rekombinantem Plasminogenaktivator (rtPA), die heute Standard bei der Behandlung des Schlaganfalls ist, sofern die Patienten rechtzeitig (innerhalb von 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall) die Klinik erreichen und eine Hirnblutung ausgeschlossen wurde. Die Hälfte der Teilnehmer erhielt zusätzlich intravenös 1.000 mg Harnsäure verabreicht, der anderen Hälfte wurde ein Placebo infundiert.

Die im letzten Jahr von Ángel Chamorro von der Universität Barcelona im Lancet Neurology (2014; 13: 453-460) veröffentlichten Ergebnisse konnten zunächst nicht überzeugen. Zwar gab es einen leichten Trend zu einem günstigen Ausgang: Nach der Harnstoff-Infusion erreichten 39,3 Prozent der Patienten (gegenüber 33 Prozent im Placebo-Arm) 90 Tage nach der Behandlung 0 oder 1 Punkt auf der modifizierten Rankin Skala (oder 2 Punkte, wenn bereits vor dem Schlaganfall Behinderungen vorlagen). Sie hatten den Schlaganfall damit ohne schwere Behinderungen (beziehungsweise ohne eine Verschlechterung) überstanden. Doch bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,96 bis 1,56 verfehlte die „Risk Ratio“ von 1,23 das Signifikanzniveau.

Jetzt stellt Chamorro eine Re-Analyse der Daten getrennt nach dem Geschlecht vor. Sie zeigt, dass bei den Frauen 47 von 111 Patientinnen (42 Prozent) nach der Harnsäure-Gabe ein exzellentes Ergebnis erzielten, gegenüber von nur 28 von 95 Patientinnen (29 Prozent), die mit Placebo behandelt worden waren. Dies ergibt laut Chamorro eine Odds Ratio von 2,088 für ein günstiges Behandlungsergebnis, die mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,050 bis 4,150 das Signifikanzkriterium erfüllte. Bei Männern hatte die Therapie dagegen keine Wirkung: 36 von 100 (36 Prozent) der mit Harnsäure und 38 von 105 (34 Prozent) der mit Placebo behandelten Patienten erreichten den primären Endpunkt.

Die Gründe für den Geschlechtsunterschied sind nicht klar. Da es sich um eine nachträgliche Subgruppen-Analyse handelt, ist die Beweiskraft der Studie eingeschränkt. Auch angesichts der geringen Teilnehmerzahl dürften die Fachgesellschaften weitere Studien fordern, bevor sie in Leitlinien eine Therapieempfehlung aussprechen.

© rrme/aerzteblatt.de

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