Das Leben ein Fest > Zu sehen
„Deb-Ersten-Ranges“ füttert die Zuschauer bis zum „Ersticken“
24.03.2014
Das Leben ist kein Honiglecken. Es ist voller Herausforderungen, Anstrengungen, Auseinandersetzungen mit der Umwelt und der Welt in einem selbst… Diejenigen, die aus irgendeinem Grund sich dieser Schwierigkeiten nicht stellen wollen, werden in die Gruppe von Deppen, psychisch Kranken, eingeordnet und von den „Gesunden“ abgegrenzt.

Tom lebt seit seinem dritten Lebensjahr in einer Anstalt für psychisch kranke Menschen. Wie schaut das Leben eines solchen Menschen aus? Dessen, dem nicht einmal eine Möglichkeit gegeben wurde, sich einer Lebensherausforderung zu stellen, der keine alltäglichen Anstrengungen kennt und dessen Essen jeden Tag von den anderen vorbereitet, gekocht und serviert und sein Bett jeden Tag neu bezogen und gepflegt wird? Tom leidet an einem „Gemütlichkeitssyndrom“. Er will aus seiner Situation nicht heraus. Einmal war er schon auf der freien Wildbahn, als er mit seinen Sabberern aus der psychischen Anstalt weggelaufen ist. Von der Notwendigkeit, für sein Brot und seinen Schlafpatz zu kämpfen war er nicht besonders begeistert, umso glücklicher war er, als er wieder „zuhause“ war.

Unter den Sabberern, wie Tom die Bewohner der psychischen Anstalt bezeichnet, wurde ihm ein besonderer Status gewährt. Nämlich, er ist ein „Deb-Ersten-Ranges“, ein „Expertpfleger“, mit der „Gabel der Sprache“ gesegnet. Dabei ist Tom sehr sexuell und erzählt ohne Scham über seine Phantasien von Schwester Sonja, Magdalena …

Franz Solar, der Tom spielt, lässt jeden einzelnen Zuschauer auf der Probebühne hautnah erleben, wie sich das Leben eines solchen wie Tom in einer psychischen Anstalt anfühlt. Dieses kann man in drei Worte fassen: essen, fernsehen, schlafen. Hört sich relativ eintönig und leblos an. Es ist auch so. Außerdem wird man hier als ein Wesen unterster Sorte behandelt. Franz Solar wirft Löffel in die Zuschauer, weil ihm das Austeilen zu mühsam wird. Er kommandiert Zuschauer in die Schlange und führt diese zum Fressnapf (Kochtopf), füttert einzelne davon, brüllt die Ungehörigen an und nennt alle nicht anders als Deppen.

Muss man ausgeschlossen sein, nur weil man anders ist? Haben dann die anderen, die glauben, über diesen zu stehen, sich ihnen gegenüber respektlos verhalten? „Ich und meine Sabberer – P´tit Albert“ behandelt diese Fragen sowie die Frage nach Identität, Selbstfindung, Anerkennung.

Nächste Vorstellung ist am 2. April 2014 auf der Probebühne des Schauspielhaus Graz.

VS

Fotos: Lupi Spuma
 

die-frau.ch