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Rusalka auf Männerfang
08.11.2010
Sie hat einen Fischschwanz, ihr fehlt die sagenhafte Leidenschaft, die das männliche Wesen anlockt und verzaubert, und ihr Kuss ist vom kalten Wasser gefühllos und stumm geworden, und doch kämpft sie um die Liebe und Anerkennung eines Mannes. So sieht die weibliche Hauptfigur der weltberühmten Oper „Rusalka“ des tschechischen Komponisten Anatonín Dvorák aus. Der Oper liegt das Märchen „Der Fischer und seine Seele“ von Hans Christian Andersen zugrunde, das nicht zuletzt durch die Disney-Verfilmung „Arielle, die Meerjungfrau“ weltweit bekannt geworden ist. Im Märchen darf natürlich das Happy End mit Hochzeit nicht fehlen. Etwa 30 Jahre nach der Uraufführung von „Rusalka“ konnte die Volksoper am Samstag, dem 30. Oktober viele Familien mit Kindern anlocken und der Erfolg war vorprogrammiert.

Dass für die Kinder der Besuch einer Oper an sich schon eine große Aufregung bedeutet, zeigte sich daran, dass sie sich voller Vorfreude die schönsten Kleider ausgesucht hatten. „Sie hat ein elegantes Kleid an!“, mit dieser Aussage wurde eine Frau in einem bodenlangen rosa Kleid von zwei Mädchen begrüßt, was sie zum Schmunzeln brachte.

Trotz Umbesetzung durch Stimmbanderkrankung einer Sängerin wurde den Zuschauern versichert, dass alle Mitwirkenden sich um einen perfekten Abend mit perfektem Gesang und einer perfekten Performance bemühen würden. Wie die Kinder die Darstellung beurteilt haben? „Der Tod des Prinzen (Aleš Briscein) war gespielt, denn sonst könnte er sich am Ende (beim Applaus, Anmerkung der Redaktion) nicht bücken.“
 
Die Regie von Renaud Doucet und die Ausstattung von André Barbe modernisierten die Handlung der Märchenoper für ein heutiges Publikum. Die Welt versinkt in Verschmutzung, leidet unter Abgasen, Klimawandel und der falsche Umgang mit den Natur- und Umweltressourcen sind deutlich sichtbar, doch die Menschen sehen darüber hinweg, so lange es Dolce & Gabanna, Beate Uchse und plastische Chirurgen gibt, Täuschung und Selbsttäuschung geben den Ton an.

Rusalka (Kristiane Kaiser) wird, wie im Märchen, zu einer Frau, die für die Liebe eines Mannes kämpft, sie ist bereit sich und ihr eigenes Wesen zu opfern. Im Märchen mag sowas funktionieren, doch wer fragt danach, was nach dem „Und wenn sie nicht gestorben sind…“ tatsächlich kommt? Lebten sie wirklich „glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende“? Kann eine solche Selbstaufopferung einer Frau im wirklichen Leben zu einer erfüllenden Beziehung führen? Oder sollte man nicht so langsam, und ganz besonders der Jugend, andere Vorbilder liefern?

(vs)

Fotos: Dimo Dimov/Volksoper


die-frau.ch