Schwangerschaft & Kind > All about Kids
Springseil und Kreide verstauben im Keller, packen wir unsere Spielkonsole aus
29.01.2014
Das 21. Jahrhundert zeichnet sich als elektronische Ära aus. Viele Zeitungen werden online gelesen. In die Bibliothek geht kaum noch einer, weil alle Bücher mittlerweile in ein elektronisches Verzeichnis eingetragen sind. In beinahe jedem Kaffeehaus steht ein Flatscreen. Menschen packen sofort nach dem Einsteigen in die U-Bahn ihre IPhones und IPads aus, und mit einem Selfie teilt man via Twitter und Facebook aller Welt mit, dass man sicher und glücklich in New York angekommen ist. Alles dreht sich um die Elektronik. Auf einem Strand beim Rauschen der Wellen, das mit Sonnencreme eingeschmierte Gesicht der Sonne zugewandt, kriegen wir beinahe einen Nervenzusammenbruch, wenn unsere Finger nicht die gewohnten Tippbewegungen ausüben.

Vor kurzem kündigte noch eine österreichische Zeitung an, es sei ein  vollautomatisches Auto, dass angeblich Verkehrsunfälle vermindern sollte, in Entwicklung. Dieses wird unter anderem Autos, die aus einer Querstraße einbiegen, und die Farbe der Ampel erkennen können. Beim österreichischen Robotik-Tag wurden von der TU Wien Roboter präsentiert, die in Zukunft in zunehmendem Maße unseren Alltag bestimmen werden. Werden uns derartige Erfindungen unseren Alltag tatsächlich erleichtern?
 
Alles ist möglich. Jedoch ein wichtiger menschlicher Punkt bleibt auf der Strecke — menschliche Kommunikation.

Noch vor 20 Jahren mussten Mütter schon einen triftigen Grund haben, damit Kinder die Bäume, die sie gemeinsam den Spielkameraden wie einen Berg bestiegen haben, den Asphalt, auf dem sie so super mit Kreide gemalt haben, gegen die Couch einer Wohnung eintauschte. Reale Freunde, Springen, sich Austoben, Fangen spielen wurden dem Fernsehen vorgezogen. Kinder haben einen Sack voller Ideen, wie man aus einem Stein und einigen Stöcken eine Waage bastelt, haben Fußball gespielt und Kleidung und Möbel für die Puppen haben diese Kinder immer selbst gebastelt. Es war denen nie langweilig.

Den modernen Kindern ist auch nie langweilig. Jedoch wurde das Springseil gegen die Spielkonsole von Nintendo getauscht. Bereits Fünfjährige, die perfekt am Computer tippen können, und die Elfjährigen wissen sofort, wo sie Information über den Wert von bestimmten Ju-Gi-Jo Karten finden.

Wie schnell kommt die Schule mit den modernen Entwicklungen mit? Mal schauen: Mit einem Computer umzugehen, lernen die Kinder von ihren Eltern bzw. in der Umgebung, in der sie aufwachsen. In der Schule lernt man hingegen, jeden Buchstaben des Alphabets schön auszuschreiben. Lebenswichtige Erfahrungen erwerben die Kinder im Alltag durch praktisches Anwenden, Nachfragen, Ausprobieren.

Ob der Entwicklung der modernen Kinder Spiele, die noch vor 15—20 Jahren gespielt wurden, abgehen? Nicht unbedingt. Denn man kann Äpfel mit Birnen nicht vergleichen. Dass sich die Menschheit technisch und elektronisch im letzten Jahrhundert enorm entwickelt hat, spiegelt sich ebenfalls in der Entwicklung der Kinder wider. Kinder streben das gleiche Wissen an, das die Erwachsenen haben. Sie wollen auf dem letzten Stand sein. Somit sind sie fürs Erwachsenenleben bestens gerüstet und haben keinen Einstiegsstress ins Erwachsensein.

Die kommunikative Ebene hat sich ebenso geändert. Es wird weniger getratscht, sondern dient die Kommunikation größtenteils als Informationsmittel. Menschen vergraben sich in ihren Gedanken und sind oft kommunikations- und redescheu. Während man früher einen Vorbeigehenden nach dem Weg gefragt hat, verlässt man sich heute mehr auf ein Navigationsgerät. Ausnahme sind die Kinder, die in ihrem Wissen-wollen immer wieder nach Kontakt mit anderen Kindern und den Erwachsenen suchen.

Sind also unsere Kinder computer- und fernsehabhängig? Nur weil diese nicht stundenlang Zeit beim Fußballspielen oder Sringseil spielen verbringen oder das Spiel "Das kaputte Telefon" altmodisch finden, darf man sie nicht als nicht kreativ abstempeln. Denn der moderne Lernweg geht wohl durchs Computer und Internet. "Ich lerne aus den Spielen Taktik zu entwickeln", sagt Simon, 11 Jahre, der als außerordentlicher Hörer auf die Uni geht. Das Lernen kommt durchs Wollen, nicht durch Müssen. Gibt man den Kindern ihre Freiheit, so werden sie sich zu erfahrenen und intelligenten Erwachsenen entwickeln.
 
VS

Titelbild:  Cieleke
Foto im Text: minasi
 

die-frau.ch