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Natürlich Künstliches
24.12.2013
Der für seinen Spott und Sarkasmus bekannte Theaterdirektor des Bochumer Theaters Claus Peymann wurde vom Schriftsteller Thomas Bernhard in kleine Stücke... nicht zerteilt… natürlich gedichtet. Zwischen dem Theaterdirektor und dem österreichischen Schriftsteller bestand zeitlebens eine Freundschaft voller Spannungen. Nicht zuletzt sorgte Thomas Bernhard nach seinem Tod im Jahr 1989 für Aufregung. In seinem Testament ließ er festlegen, dass seine Werke innerhalb Österreichs sowohl nicht publiziert als auch nicht aufgeführt werden dürften. Die ausnahmsweise Erlaubnis des Universalerben Peter Fabjan, dem Neuinszenierungen erlaubt waren, kam dem damaligen Direktor des Wiener Burgtheaters Claus Peymann zugute. Denn es waren bereits vier Bernhard-Stücke in seinem Repertoire.

Drei Dramoletten „Claus Peymann verlässt Bochum und geht als Burgtheaterdirektor nach Wien“, „Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen“ und „Claus Peymann und Hermann Beil auf der Sulzwiese“ bilden zusammen das Stück „Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen“, das nun durch das Berliner Ensemble am Wiener Akademietheater aufgeführt wurde. Das Stück spielt nur noch am 23. Jänner 2014.

Eine natürlichere Besetzung für Claus Peymann als Claus Peymann selbst wäre wohl schwer zu finden. Hermann Beil wechselt von der Rolle des Fräuleins Schneider, mit Perlenkette geschmückt und mit einem knallroten Lippenstift geschminkt, in die Rolle von Thomas Bernhard, und schließlich isst er als er selbst ein riesengroßes kaltes Schnitzel auf der Sulzwiese. Carmen-Maja Antoni spielt einen Conférencier.

Aus "natürlich" wurde etwas Künstliches. Denn Claus Peymann, ein spontaner Mensch, der sich auch nichts sagen lässt, ein „Die-können-mich-alle-am-Arsch-lecken“-Typ, liest wörtlich aus dem Text Thomas Bernhards und beißt sogar, wenn auch etwas widerwillig, auf Befehl in sein Schnitzel ("das wäre ein Theater nach Thomas Bernhard"). So wird aus einem natürlichen Theater ein wahres "Kunst"stück. Absicht?

Das Bühnenbild von Karl-Ernst Herrmann, das aus einem absteigenden Podest besteht und mit einem Vorhang versehen ist, ist eine Art Bühne auf der Bühne. Wo Schauspieler sich selbst und doch nicht natürlich, sondern künstlich spielen.

Das Publikum war von der Produktion höchst überzeugt, was es mit einem üppigen Applaus ausdrückte. Der knapp halbvolle Saal lässt jedoch bezweifeln, dass das Gastspiel ein Erfolg sein wird.

VS

Fotos: Martin Vukowitz
 

die-frau.ch